Orkanverliebt

Orkanverliebt ist es schwer, die Ruhe nach dem Sturm als etwas Gutes willkommen zu heißen. Das Wissen, dass er mich zerfetzt hätte, früher oder später, überzeugt mich nicht. Vielleicht wird die Müdigkeit mich überzeugen. In einer Stunde. Bald. Mit dem Brotmesser helfe ich Uwe Timm in meine Welt, Vogelweide, zerschlitze die Fruchtblasenfolie um das Buch. Es riecht, wie ein Buch riechen muss. Zu kraftlos zum Lesen jedoch, und wundere mich, dass Tagebuchtippen noch geht.

Ganzzahligkeit

Harre aus im Dunkeln, lautlos, aber heiter. Jägerin, die weiß, dass sie Beute machen wird. Musik, nicht laut, nicht leise, präzise gemeißelte Klänge, Ganzzahligkeit. Fliege mit den Nachtvögeln. Träume abstrakte Kunst, öffentliches Ärgernis und Sommerwiesengrün. Im Morgenmantel schaue ich aus dem Küchenfenster. Seit vier Stunden wach, schon gearbeitet und trotzdem noch verpennt. Draußen sehe ich den kalt schimmernden Nachmittag, pastelligen Raureif auf den Nachbargärten. Die Wege sind gepflastert mit bunten Klebenotizen, Zantedeschien, Leopardenfell und Eintrittskarten, erste Reihe, Zukunftszirkus.

Korallenrot

Ihr werdet alle sterben, titelt ein Zeitschriftenartikel. Ich schneide den Satz aus und klebe ihn auf eine Zeichnung. Drücke außerdem pinkfarbene Handabdrücke darauf. Wasche meine Finger in der Badewanne, heißes Wasser, spüle die Pinksoße in den Abfluss. Ich kaufe Kirschlabello und Kichererbsen. Telefoniere mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, zerbeiße einen Apfelkern. Der mandelbittere Geschmack, ich will schreiben, und seit Tagen Hochnebel oder Regen, mir bleibt nichts anderes, als jede Nacht ein wenig Sommerkleidung zurechtzuschneidern. So tun, als wäre bald schon Frühling. Etuikleid, Pailletten, korallenrot.

Doppellooping

Mal wieder einen Doppellooping überlebt, mal wieder die Welt vorm Abbrennen gerettet. Kaffee in der Galerie Schrade, und der Gedanke, wie leicht es ist, sich in dem Haus auf der Insel wohl zu fühlen. Sonnenbebrillte Coolness auf den Gemälden, lässige Striche, Slogans. Ich fahre nach Hause, Pressetextfetzen im Kopf. In anderen Körperteilen Erleichterung und Vorfreude.

Ein Streifen Pink

Ein Streifen Pink zwischen der Autobahnbegrünung und den Regenwolken. Es ist wieder viel zu früh und viel zu dunkel. Die Leitpfosten reflektieren weiß. Dazwischen strahlt ein Paar Fuchsaugen, leuchtorange. Ich sehe dich, Rothaarkollege, auch wenn ich ansonsten ein Wrack sein mag. Verwirrt, Schlaflosigkeit, ein Morgen wie eine Wunde. Ich bin ein vierdimensionales Puzzle, ein verdammtes Puzzle, das sich selbst zusammensetzen muss. Kriegen wir. Kriegen wir schon hin, du, Fuchs, und ich.