Augenrollen

Da nimmt sie meilenweit Anlauf für den nächsten Tagebucheintrag, über tausend Meilen, um genau zu sein, von Stockholm nach München nach Tübingen, und dann sowas, denkst Du wahrscheinlich. Sie nimmt Anlauf, Aufmerksamkeit, was sie will, aber zurückgeben will sie nichts. Dann merkst Du, dass vier Fotos aus Stockholm in der Fotokiste liegen. Wie gnädig, denkst Du und rollst mit den Augen.

Rollenangebot

Weil Du unterhalten werden willst, durchwühlst Du nochmal die Statistiken der Suchbegriffe, mit denen Leute Deinen Feenclub fanden. Sie suchten Hummerkrabben und Seidenkleider, reitende Mädchen und strenge Lehrerinnen, Wikingerläden und französische Schneiderpuppen. Manche suchten auch einfach sich selbst. Oskar zum Beispiel.
Einmal fragte mich ein Jungregisseur, ob ich in seinem Film lieber die unnahbare Schönheit oder das verschlagene Miststück spielen wolle. Keine Ahnung, ob der Film jemals gedreht wurde. Vom Jungregisseur habe ich seither nichts mehr gehört. Aber ratet, was ich wählte.

Milch

Es gibt Tage, die sich völlig der Zeitrechnung entschlagen. Deine Milch kann Dir innerhalb einer Stunde verklumpen. Sie steht neben Dir und sagt nicht: Trink mich jetzt. Sie verklumpt lautlos, klaglos, ohne mit ihrer weißen Wimper zu zucken. Fee Katrin Kanzler, stolperst Du im Netz über Dich selbst und findest Tippfehler. Nicht im Namen diesmal, zum Glück. Du schreibst Adressen auf Briefe, Rue du Bois Bouquin, sendest Anfragen durch die Welt, die niemand beantwortet, heute lebst Du Deine eigene Zeit. Sogar Deine Uhr bleibt manchmal stehen. Die Milch musst Du wegkippen.

Wenn sie singen

Du gewöhnst Dich daran, dass die Sonne um drei Uhr fünfzig aufgeht. Du gewöhnst Dich an den hell schimmernden Horizont, der liebevoll die Nacht ansäumt. Sie, die Nacht, ist weich und samtig. Und kurz. Immer gehst Du schlafen, wenn die Vögel wieder singen. Kein Polartag und keine Mittsommernacht, aber etwas Engverwandtes. Und dieser Mai, denkst Du, ist erst der Anfang.
Du träumst, dass Du dünner und dünner wirst. Zu Beginn sieht Deine Silhouette interessant aus, spannend, Du lehnst Dich weit und leidenschaftlich nach hinten, über ein imaginäres Geländer weg. Aber das ist erst der Anfang. Später wird es grausam, unheimlich, Du bist nur noch ein grotesker Zweig. Der Traum endet, als Du beinahe zu sein aufgehört hast.
Du gewöhnst Dich daran, dass der natürliche Lauf der Dinge, wie sie ihn nennen, ein Wildwasserlauf ist, der seine Zufälle verspielt und präzise wie eine jagende Hauskatze wählt. Und das, denkst Du, ist erst der Anfang. Wildwasser ist ohnehin eines Deiner Lieblingsworte, zur Zeit.
Du siehst Filme auf Englisch und zwei Wimpern auf den Wangen Deines Gegenübers. Trent Reznor ist mal wieder der Meinung, dass Du die perfekte Droge bist.