Das Vermissen einer Krone

Du bekommst langsam ein zärtliches Verhältnis zum Netz, weil Du wochenlang nur das Trackpad benutzt hast. Als hättest Du die Seiten alle berührt, Dich durch alles durchgefingert. Die Maus verstaubt. Deine Finger tasten lieber, sind manchmal kalt und das Trackpad sachte warm, glatt, angenehm. Es lässt sich im Traum bedienen.
Manchmal vermisst Du etwas auf Deinem Kopf. Aber Hüte und Mützen funktionieren nicht, sie sind zu füllig und flächig. Tücher auch nicht, zu weich, zu verhüllend. Allmählich wird Dir klar, dass es eine Krone sein müsste. Eine schmale, auch halbwegs alltagstaugliche Krone, ein Diadem oder zur Not ein dicker Kranz aus Gänseblümchen. Du fragst Dich, ob Du als Kind zu oft Prinzessin gespielt hast. Eigentlich nicht. Lieber warst Du Robin Hood. Du sagst Dir, wie seltsam Dich die Leute fänden, wenn Du Kronen tragen würdest. Du fragst Dich, ob sie echte Kronen oder selbstgebastelte aus Goldpapier schlimmer fänden. Du behilfst Dir mit aufwendigen Haarreifen oder Spangen und fragst Dich, ob es für diese Neurose schon einen Namen gibt: Das Vermissen einer Krone.