Wetterbericht

Den Stockholmer Wetterbericht verfolgen, Strumpfhosen sortieren, sich überlegen, ob Tinte in einem Füller als Flüssigkeit zählt, den Füller schließlich kopfschüttelnd einpacken, das Fernweh spüren, schnell noch Briefe abschicken und Worte tippen, nicht wirklich hier sein, auch nicht dort. Fernweh, merke ich, ist mit Lampenfieber eng verwandt.

Kaffee Mexiko

Ich trinke meinen Kaffee Mexiko wie immer, viel Schokolade, etwas Milch, manchmal Zimt, und nenne ihn Kaffee Mexiko, bis mich jemand eines Besseren belehrt. Dann ziehe ich mich an. Für fünf Minuten bemühe ich mich, weniger wie ein Lifestylejunkie auszusehen, weil ich Leuten begegnen werde, bei denen ich nicht nach Lifestylejunkie aussehen will. Gebe aber auf. Ich entkomme meinem Stil ja doch nicht. Mir fällt schließlich auf, dass ich den Begriff Lifestylejunkie eben erst erfunden habe und im Grunde nicht einmal weiß, was er bedeutet. Also kein Grund zur Panik. Ich ziehe absichtlich die buntesten Schuhe an, die ich finde. Mein Nagellack schillert wie ein frisch befüllter Pool.
Ich schrieb einmal, dass ich wie in einer Oililywerbung lebe, wo Äpfel, Wasser und Kopfschmerztabletten immer irgendwie nach Erdbeere schmecken. Heute ist das wieder so. Füttert man übrigens die Suchmaschine mit den Begriffen Oililywerbung oder Lifestylejunkie, landet der Fairy Club tatsächlich auf Seite eins. Bisher jedenfalls. Zu diesen Begriffen zählen auch: Litschigeschmack, Schwarzpulverdunst und Rumgesnobbe.

Kettenbruch

Die Wüstenszene, Emilia und ihr Löwe, stehen nun im Atelier. Neben der Kuppelstadt, wie versprochen. Heute ist ein verpennter Tag, zu dunkel, sogar mir. Das Leben scheint wie eine Kette ständiger Anfragen, Absagen und Zusagen. Ja, nein, warte. Ich darf nicht vergessen, mir den internationalen Studentenausweis zu besorgen. Ich krame ein Passbild heraus.
John William Waterhouse hält mir weiter seine üppig wuchernden Spiegel hin. Ob wirklich, wer sich viel mit Nymphen beschäftigt, selbst zu einer wird?

Ein Swimmingpool, denke ich

Ich werde von einer quirligen Windhose geweckt. Sie kommt an mein Bett, atmend, wie die Schnauze eines Tiers. Ich streichle das Tier, das ich mir einbilde, einen jungen Löwen, und stehe auf.
Ich mache Fotos von meinen Siebensachen und verkaufe sie. Ich esse Müsli. Ich sehe aus dem Fenster. Mein Haus liegt an einer Sackgasse inmitten von Pizzerien und Biergärten. Ein Weinhaus, ein Modegeschäft. Gegenüber ein großes, modernes, rotes Haus. Auf dessen Dach gehört eigentlich ein Swimmingpool, denke ich. Die Terrasse des Hauses ist so groß, dass man ganze Sommer auf ihr verbringen kann. Mein Fenster, von dort drüben gesehen, muss sehr unscheinbar wirken. Überhaupt fühle ich mich heute sehr unscheinbar. Draußen kann ich Vögel hören. Es ist ruhig.
Die Sonne wärmt, ich denke an die Wüstenszene, aus der die Windhose stammte. Die Wüstenszene, ein Acrylbild, werde ich wohl bald ins Atelier stellen, neben eine weiße Kuppelstadt.

Wegzehrung

Einen Roman zu schreiben ist die Erstbesteigung eines Berges, den bis dato niemand kennt. Du bist allein, verlierst an Gewicht und spürst übergenau jeden Deiner Schritte. Du weißt nicht, ob der Höhenrausch oder die Müdigkeit gefährlicher sind. Dein Weg muss gut sein, sonst kommst Du nicht zurück. Du hast Zeit, in der Landschaft zu verschwinden. Zweifel gibt es nicht. Manchmal tut Dir etwas weh. Würdest Du rauchen, würdest Du mehr rauchen. Hier fällt das Bild auseinander. Bergsteiger rauchen nicht. Außerdem gehen sie nicht allein, wie Du. Und überhaupt, wer muss schon mitten im Berg sein Staatsexamen schreiben.