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Papageienfutter

Ich suche mir eine Shotgun aus. Besorge Goldmohnsamen. Studiere das Muster im Bauchgefieder einer Singdrossel, dunkle Pfeilspitzen auf elfenbeinfarbenem Grund. Ich werde beinahe vom Teufel geholt, zumindest wenn es nach den Träumen meines Mitbewohners geht. In meinen eigenen Träumen werden Körperteile amputiert. Ein trüber Sonntag, den Blick immer leicht gen Westen verzerrt, Utopiesalat erntend. Ein schaler Restschluck Bier vom Vorabend und jeder Herzschlag ein sanftes Rütteln am Paradiesgartentor. Das Rütteln wird heftiger, die Scharniere werden nachgeben. Wenn nicht, klettere ich. Meine Spatzen fressen Papageienfutter und die Fantasien gehen mir die Wände hoch.

Zeitlupe

Improvisierte Therapiesitzungen, Monster erwecken, Theaterkrieg. Parallelwelten auf der Bühne, in denen wir die eigenen Wunden, Ungeheuer und Aggressionen mit einer Goldschicht überziehen, Raffinationsspiele, Veredelungssport. Indessen rast ein Zug auf eine Brücke zu, deren weit gespannter Bogen sich im Nebel verliert. Wir ahnen, dort, mitten über der Schlucht, hören die stählernen Streben auf, enden die Gleise, diese Brücke steht ins Nichts gebaut. Aber wir feuern den Heizer an, lachend, ungeduldig. Die Notbremse geht ohnehin nicht mehr. Wie schön, dass Unfälle immer in Zeitlupe passieren.

Waschmittelgeruch

Frühlingsschnee rieselt über mein stilles Kopfzerbrechen, Arbeit am literarischen Quovadis, Hirnspagat. Zwischendurch muss ich Buntes tun, also kaufe ich eine Kittelschürze im Caritasladen und nähe mir einen Minirock daraus. Ich versuche mir die Oma vorzustellen, die den Kittelschurz einmal getragen hat. Frage mich, ob sie darin Apfelkuchen gebacken hat oder Toiletten geputzt, ob sie das Muster auf der Straße wiedererkennen würde. Mein Rock riecht noch nach ihrem Waschmittel.

Zwischenstopp

Gespräche darüber, was es bedeutet, in der Generation Pippi Langstrumpf zu leben, auch darüber, warum Deutschland computerspieltechnisches Neandertal ist und die Frage, warum Berlin, Berlin, Berlin. Dass man in Berlin so viel über Berlin redet, ist womöglich vergleichbar mit dem Zustand Betrunkener, die nur noch über ihre Betrunkenheit reden können. Dazu Thunfischsalat und Bier in der Volksbühnenkantine, ohne Helene Hegemann und Yoko Ono. Auf der Heimfahrt im Zug bewundere ich die Schönheit schlafender Koreanerinnen und ertappe mich bei allerlei zärtlichen Gedanken. An Profiliergeier gleichermaßen wie an diejenigen, die ihre Sache ohne großes Tönen machen. An flüchtig Kennengelernte und intensiv Verschlungene, an Kollegen und Freunde. Es wird Zeit für was Transrapidartiges zwischen Ulm und Berlin, denke ich. Mit Zwischenstopp in Frankfurt bitte.