Ich füge meinem Manuskript eine Prise Umsturz und Terror hinzu. Frage mich, was es bedeutet, von Kaffeebohnen zu träumen. Draußen klirren die Wolken vorbei. Hinter ihrer kalten Grauheit lauert schon wieder so viel Frühling. Die Krokusse treiben mandarinfarbene und hämatomblaue Köpfe aus dem Boden, das aufgeregte Vogelgeschwirre um meine Sonnenblumenkerne, und all die menschlichen Flattereien, Kapriolen des frühen März. Wie eine Welt, die im Grunde sehr einfachen Regeln folgt, doch so komplex sein kann.
Du kannst entweder im Ozean zappeln und von einem Hai gefressen werden, sagt er, oder auf den Wellen surfen und das Beste daraus machen. Ich studiere seine Tätowierungen, welche Spielkarten da links und rechts unter die Haut seiner Arme gestochen sind. Ich frage, ob ich auch den Hai surfen kann. Er runzelt sie Stirn. Ganz zufrieden mit meiner Antwort scheint er nicht.
All posts by Fee
Improtheater
Heißhunger
Die Fingernägel in dunklem Stahlgrau, als ließe sich so der eigene Verteidigungswert erhöhen, Armbänder, Nieten, der Geruch von Leder. Dabei ist fürs Essengehen im American Diner überhaupt kein Verteidigungswert nötig, allenfalls etwas soziale Geschmeidigkeit inmitten des freitagnächtlich aufgeputschten Menschenschwarms. Auch später, in aller Stille, beim Kokosfleischknabbern, ist Abwehr nicht vonnöten. In aller Stille, welch schönes Idiom, denke ich.
Was ich an Teenagern schätze, ist ihre ungebrochene Sehnsucht nach Coolness, ihr schamloser Genuss von Luxus und die Fähigkeit zum Sichgehenlassen. Dieser Heißhunger. Genau den bewahren und die Weisheiten Stück für Stück dazugewinnen, das ist Leben.
Minusgrade
Ein Fenster zerspringt. Die klirrende Kälte der Nacht steckt noch in der Scheibe, als morgens pralle Sonne darauf scheint. Das Glas platzt mit einem lauten Knall, fällt aber nicht aus seiner Fassung, knirscht nur, ein paar Splitter rieseln herunter. Jetzt hängt es da, ein Damoklesfenster, notdürftig mit Klebestreifen fixiert.
Ausnahmsweise glaube ich einmal so fest an mich, wie das manche Menschen tun. Zur Musik von Trent Reznor und Atticus Ross wache ich auf. Tanze unbewegte Tänze. Komme in der Gegenwart an. Keine Angst vor der Zukunft. Eine Lesungsnacht bei siebzehn Minusgraden, zu der sich eine Handvoll Leute aus ihren Nestern in eine kalte Clubhalle am Stadtrand locken lassen. Falken, rote Scheinwerfer und Bassmänner, Tee, Lyrik und Musik. Rampensau, sagt einer. Du solltest sowas öfter machen.
Kriegsspiele
Nichtstun ist oft das Heilsamste. Die Füße stillhalten. Ist aber gar nicht so leicht, die Zappelphilippe unter der Federdecke zu halten, auszuharren. Die Hufe wollen scharren, traben, galoppieren. Nachts schickt Morpheus mir Venusknaben, spielt Kriegsspiele mit mir. Im Café Einstein, wo es bis nachts um elf noch Frühstück gibt, Kaffee und Ahornsirup. Schlittschuhlaufen. Januargewitter. Ich nähe mit Goldfaden, zeichne Drachenschwänze, klebe wilde Collagen, fresse Blumen. Ich kratze das silberne Pulver von der Windschutzscheibe, stäubendes Eis. Morpheus‘ schwarzes Haar, er kennt sich mit Politik aus, und seine beiläufigen Scheißegalblicke. Der Traumschmied, der Kuppler und Verwandlungskünstler. Sein heißer Wein in meinem Blut kühlt nur langsam ab.