Sonnenwarm

Ich trete auf ein Stück Schneiderkreide, es bricht in zwei Hälften. Swimmingpoolfarbene Acrylfarbe hat mir eine Haarsträhne verklebt, ich muss sie abschneiden. Ich klebe Papierfetzen auf eine bemalte Leinwand. In Schloss Neuburg an der Kammel wird Kaffee serviert, wir haben den Portraitsaal ganz allein für uns. Der Flügel im Foyer, der grüne Salon rechts, das Kaminzimmer links, Wandteppich, antikes Mobiliar, eine Servicekraft für jeden, Millionäre könnten keinen stilvolleren Sonntagnachmittag verbringen. Altehrwürdige Blassgesichter, sechzehnhundertzwölf, sehen uns beim Hantieren mit Milchkännchen und Silberlöffel zu. Draußen äsen die Damhirsche.
Ich bin in München, trinke dunkles Bier, schnuppere mich durch den Viktualienmarkt und pflege Konversation mit den Gänsen im Englischen Garten. Ich komme nach Frankfurt, nehme die Sechzehn Richtung Ginnheim. Elena hat schon ein Bett für mich gemacht. Zurück in Ulm, ich bringe Florian Heinke mit, trage das silberne Paillettenkleid, tanze. An den Wänden Beamervisuals, insektenartig, mikroorgamismenartig, codig, maschinenhaft. Wenn das Wetter es zulässt, ein Morgen im Garten, Islandmohn, Buschwindröschen. Wenn ich die Augen schließe, weiß ich, wie sich ein Samenkorn fühlt, dicht unter der Erde, sonnenwarm.