Punkt

Schmeckt der Blutorangensaft eines ewig Enttäuschten saurer als meiner? Chinesische Popliteratur liegt als Wespenschutz auf meinem Glas. Marienkäfer sind lieb, Wespen sind böse, sagt er. Das Wetter hat diese perfekte Färbung, die mich glücklich macht.
Jetzt, einen runden Tag später, trinke ich giftgrünen Waldmeistersirup mit Wasser und Eis. Das Wetter ist vom selben Schlag, aber ich bin anderswo, und bleibe. Ein Schmetterling sitzt an der Fassade des Nachbarhauses und sonnt sich. Marshmallow heißt Sumpfmalve. Du redest wieder im Schlaf, sage ich zu mir. Von Turntables und Skylines und Mindfuck. Genug Chaos heute. Punkt.

Der Rest der Nacht

Es ist wie Weinen vor Glück, nur dass es wehtut. Genau in der Mitte zwischen himmelhoch jauchzend und zum Tode betrübt. Nur Ahnungslose glauben, dass die Mitte leer sei. Zwischen Schwarz und Weiß liegt nicht Grau, sondern Iris. Es ist okay, dass nicht alles okay ist. Gute Feuerwerker wissen, dass der Himmel und die Seele der Menschen im Grunde dasselbe sind.
Genügsam wie eine Wüstenpflanze sollte ich sein. Dann könnte ich von nur einem Tropfen tagelang leben. Aber ich bin so durstig und maßlos. So neugierig, ausschweifend und verträumt. Ein paar Worte können mich hellwach machen. Für den Rest der Nacht. Halt’ mich wach, streichle mich, erzähl’ mir was.
Massenhaft Bücher zu kaufen ist nur ein verquerer Nebeneffekt der Lust am Schreiben. Oder das Schreiben die Sucht der von Schreibern Verführten? Soviel steht fest: Zur Verführung gehören immer zwei. Nur die Schokoflocke hat auf der Tastatur so gar nichts verloren.
Es scheint Leuten wie mir vorbehalten, blindlings wie Alice durchs Wunderland zu stolpern. Wobei ich offen lassen will, wer Leute wie ich eigentlich sind. Naja, ich bin sowieso eher die Grinsekatze.

Spinnenpathos

Meistens enden Tage nicht um Mitternacht. Sondern gerade da, wo es ihnen gefällt. Nachmittags zum Beispiel. Das passiert, wenn Du Dich aufs Bett legst und ein Traum Dich überfällt. So dass Du beim Aufwachen ein Anderer bist.
Gestern war’s so. Ein vielleicht pathetischer Traum, ein Kampf, eine Umarmung, ein Wagnis, entriss mich jeglicher Wenigstensgedanken. Danach, der heiße Abend begann mit Platon und Georgia im Doktorandenkolloquium. Das Schellingzimmer wird nachts zu einer Fliegenfalle. Dutzende Spinnen haben sich um die Deckenlampen eingenistet und warten gierig, bis wir, die Philosophierenden, das Licht einschalten. Durch die geöffneten Fenster strömen Fliegen. Die Spinnen schlagen im Minutentakt zu. Ein Fest, eine Schlacht, Spinnenfraß über unseren Köpfen.

Wenigstens

Wenigstens, das scheint das Wort das Tages zu sein. Ich übertreibe zwar. Aber mir ist nach Wenigstenssätzen zu Mute. Wenigstens kann ich zu Fjonan flüchten. Wenigstens kann ich den Rechner mitnehmen. Wenigstens ist der graue Pulli so tröstlich schlabberig. Wenigstens.

Neckartaufe

Ein Igel raschelt sich stundenlang in den trockenen Blättern unter meinem Fenster einen Wolf. Raschelt und raschelt. Als brauche er dringend Aufmerksamkeit. Als möge er meine Musik. Als der Igel schlafen geht, ist es spät. Oder früh.
Heute ist der Tag meiner Neckartaufe. Ich bin nicht aufgeregt. Aber ich muss noch etwas schlafen, sonst werde ich vor Müdigkeit im Fluss ertrinken. Auch wenn er nicht tief ist. Ich habe keine Ahnung, ob mit der Neckartaufe ein neuer Name verbunden ist. Ob es förmlich zugehen wird. Oder studentisch rau. Ob ich es mögen werde. Ob Hölderlin auch vom Kahn gestoßen wurde.