Hurensöhne und Barmänner

Bei einem Tag, der mit bilderbuchrotem Herbstlaub, einer Tasse Kaffee, Rührei und Sushi beginnt, ist es nicht verwunderlich, dass er in der Bar eines Schlosshotels endet. Dass sich selbige seit wenigen Wochen nur wenige Fußminuten von meinem Schreibtisch und meiner Badewanne befindet, tut der Sache keinen Abbruch, im Gegenteil. Auch der schwarze Barflügel passt ins Bild, und Ronny, der beflissene Kellner, der in seinem frisch eingerichteten Habitat noch etwas nervös herumhantiert und aussieht wie ein Serienspion, der den Barjob nur als Cover benutzt. Ein Roman ist wie ein zusätzlicher Langzeitgeliebter. Selber Zeitaufwand, selber Nervenaufrieb. Der einzige Unterschied ist, dass er weniger Eifersucht bei seinen Rivalen erzeugt. Bis jetzt zumindest. Dass er dreimal so gut fickt, muss ja keiner wissen. Oh Mann, und dass nichts und niemand sonst so viel Arbeit kostet wie dieser gottverdammte Hurensohn. Meine Geduld geht längst an Krücken. Nein, sie sitzt sogar tatternd und sabbernd im Rollstuhl. Aber meinem Perfektionismus ist das egal. Der lächelt und schiebt sie fröhlich durch den Park. Füttert ihr hin und wieder etwas von den Brotkrümeln, die er auch den Tauben hinwirft. Mag sie den Verstand verlieren, denkt er, mag sie sabbern und keifen. Er weiß genau, dass er die Alte durchkriegen wird.